Am 8. Juli 2020 stellten Frans Timmermans, Exekutiv-Vizepräsident für den Europäischen Grünen Deal, und Kadri Simson, Kommissarin für Energie, die EU-Strategie zur Integration des Energiesystems sowie die EU Wasserstoffstrategie vor. Prinzipiell kann man sagen, dass die Wasserstoffstrategie ein Teil der EU-Strategie zur Integration des Energiesystems ist. Unter Integration des Energiesystems versteht man generell das System als ein Ganzes, das unter Vernetzung verschiedener Energieträger, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren geplant und betrieben wird. Dieses vernetzte und flexible System soll im Idealfall effizienter sein und die Kosten für die Gesellschaft senken. Die EU-Strategie bildet dabei den Rahmen für die Energiewende. Mit dem derzeitigen Modell, bei dem der Energieverbrauch im Verkehr, in der Industrie, im Gas- und im Gebäudesektor in „Silos“ mit jeweils getrennten Wertschöpfungsketten, Vorschriften, Infrastruktur, Planung und Betrieb erfolgt, kann Klimaneutralität bis 2050 nicht auf kosteneffiziente Weise erreicht werden.
Die Strategie zur Integration des Energiesystems definiert drei Säulen: (a) einem stärker „kreislauforientierten“ Energiesystem; (b) der direkten Elektrifizierung der Endverbrauchssektoren; (c) saubererer Brennstoffe‚ z. B. von erneuerbarem Wasserstoff, nachhaltigen Biokraftstoffen und Biogas in Sektoren, in denen eine Elektrifizierung schwierig ist.
Die Wasserstoffstrategie ist also konkret Teil der dritten Säule. Wasserstoff kann Sektoren mit Energie versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und die Energie speichern, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen. In einem integrierten Energiesystem kann Wasserstoff die Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr, Stromerzeugung und Gebäuden in ganz Europa unterstützen. Die Wasserstoffstrategie der EU befasst sich damit, wie dieses Potenzial durch Investitionen, Regulierung, Schaffung von Märkten sowie Forschung und Innovation ausgeschöpft werden kann. Herr Timmermans räumte ein, dass zwar bis 2030 40 Gigawatt erneuerbare Wasserstoff-Elektrolyseure in Europa installiert werden sollen, dass es aber eine Übergangszeit geben wird, in der die EU die kohlenstoffarme Wasserstoffproduktion vorübergehend weiter unterstützen muss.
Der stufenweise Ansatz wird bedeuten, dass die EU von 2020 bis 2024 die Installation von mindestens sechs Gigawatt erneuerbarer Wasserstoff-Elektrolyseure in der EU und die Produktion von bis zu einer Million Tonnen erneuerbarem Wasserstoff unterstützen wird.
Von 2025 bis 2030 muss Wasserstoff zu einem festen Bestandteil des integrierten Energiesystems werden, mit mindestens 40 Gigawatt erneuerbaren Wasserstoff-Elektrolyseuren und der Produktion von bis zu zehn Millionen Tonnen erneuerbarem Wasserstoff in der EU. Von 2030 bis 2050 sollten die erneuerbaren Wasserstofftechnologien ausgereift sein und in großem Maßstab in allen schwer zu dekarbonisierenden Sektoren eingesetzt werden. Die beiden Strategien sollen den Weg zu einem effizienteren und stärker vernetzten Energiesektor ebnen. Sie beinhalten im Einklang mit dem Aufbaupaket NextGenerationEU der Kommission und dem Europäischen Grünen Deal eine neue Investitionsagenda für saubere Energie.
Die Signifikanz von Wasserstofftechnologien im Verkehrssektor wurde auch von der Industrie erkannt und eine Förderung sowie der konkrete Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur gefordert. So hatte beispielsweise der Europäische Automobilherstellerverband (ACEA), Hydrogen Europe und die International Road Transport Union (IRU) Ende letzten Jahres einen gemeinsamen Aufruf für den beschleunigten Aufbau der Wasserstoffbetankungsinfrastruktur in der gesamten EU veröffentlicht. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Ziels der Dekarbonisierung des Verkehrs betonten die drei Verbände, dass Brennstoffzellen Elektrofahrzeuge einen positiven Beitrag leisten können. Ebenso fungiert die Wasserstofftechnologie als Brücke zwischen dem Energie- und dem Verkehrssektor (sektorale Integration) und bietet Lösungen für eine bessere Integration überschüssiger erneuerbarer Energien wie Wind und Sonne („Power to hydrogen“). Die wachsende Nachfrage nach erneuerbarem und kohlenstoffarmem Wasserstoff in vielen Branchen wird das Angebot erhöhen und die Kosten senken. Ebenso heben die Verbände hervor, dass eine Förderung der Wasserstoffindustrie Europas Wettbewerbsfähigkeit langfristig stärken würde und dies auch Wachstum und Arbeitsplätze bedeuten würde.
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